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Schwangerschaftsberatungsstellen droht die Schließung - Sozialverbände fordern Geld für Erhalt des Angebots

Zwei Frauen, eine davon schwanger, sitzen auf einer Bank und unterhalten sich.
Zahlreichen Schwangerenberatungsstellen in Brandenburg droht angesichst der aktuellen Haushaltsplanung im Land Brandenburg die Schließung (Bild: A. Zelck/DRK-Service GmbH).

Anders als der Name vermutet, wird in den Brandenburger Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nicht nur zum Thema Schwangerschaftsabbruch beraten. Diese umfassen etwa nur 20 Prozent der Beratungsarbeit. In viel größerem Umfang finden Beratungen zur Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung, zu familienfördernden Leistungen, zu Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft und die Kosten der Entbindung sowie zu sozialen und wirtschaftlichen Hilfen für Schwangere, insbesondere finanzielle
Leistungen sowie Hilfen bei der Suche nach Wohnung, Arbeits- und Ausbildungsplatz oder deren Erhalt statt. Eine Reihe von Einrichtungen stehen ohne eine seit Langem notwendige finanzielle Anpassung im aktuellen Landeshaushalt vor dem Aus.

Seit 2022 sind bereits in den Regionen Uckermark, Oberhavel, Havelland, Landkreis Oder-Spree, Elbe-Elster sowie in den kreisfreien Städte Potsdam, Brandenburg an der Havel und Cottbus die Beratungsangebote für Frauen und Familien stark eingeschränkt oder geschlossen worden.

LIGA fordert Einhaltung des Bundesrechts

„Ohne Erhöhung der Finanzierung im aktuellen Haushalt drohen bei allen Sozialverbänden weitere Schließungen. Alleine beim DRK stehen die Standorte Oranienburg, Hennigsdorf, Gransee, Strausberg und Bernau vor dem Aus. Schon jetzt erfüllt das Land Brandenburg seinen im Schwangerschaftskonfliktgesetz verpflichtenden Sicherstellungsauftrag nicht. Danach muss jedes Bundesland dafür Sorge tragen, ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für die psychosoziale Beratung sicher zu stellen. 

Demnach soll für je 40.000 Einwohnende mindestens eine vollzeitbeschäftigte Person zur Verfügung stehen. Mit der Schließung oder Teilschließung von Beratungsstandorten wird für schwangere Frauen und ihren Familien das vor 35 Jahren auf- und ausgebaute Beratungsnetz für eine besondere Lebensphase massiv ausgedünnt. Auf diese Weise wird Brandenburg zu Lasten der Frauen sozial ärmer gespart“, sagt Viola Jacoby, Sprecherin der LIGA der Freien
Wohlfahrtspflege – Spitzenverbände im Land Brandenburg.

„Wir fordern die Abgeordneten des Brandenburger Landtags auf, tätig zu werden und zusätzlich zum bestehenden Haushalts-Ansatz das notwendige Geld bereitzustellen! Und wir fordern die Landesregierung und das Sozialministerium auf, ihrer bundesrechtlichen Pflicht nachzukommen!“

Für Frauen und ihre Angehörigen in Brandenburg bedeutet ein Wegfall wohnortnaher Angebote längere Fahr- und Wartezeiten in oft krisenhaften Lebenslagen. „Die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung unterstützt Frauen bei Entscheidungen zu ihren reproduktiven Rechten und in einer extrem wichtigen Phase
ihres Lebens. Sie fördert die Frauengesundheit und genießt bei den Frauen ein hohes Vertrauen“, sagt Tatjana Geschwendt, Sprecherin des Frauenpolitischen Rats Brandenburg e.V. und des Mother Hood e.V..

Anlaufstellen für Familien in schwierigen Lebenslagen

„Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen beraten neben Frauen ganze Familien in ihren komplexen Problemlagen, in welche auch Kinder involviert sind. Unser geschultes Fachpersonal führt Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche zur Prävention sexualisierter Gewalt durch. Und auch Menschen mit Behinderung erhalten beraterische und sexualpädagogische Angebote. Ein Wegfall dieser Angebote würde fatale Leerstellen hinterlassen. Die Wissensvermittlung sexueller und reproduktiver Rechte ist ein wichtiger Teil unserer rechtebasierten Demokratie“, sagt Katja Kahle, stellvertretende Geschäftsführerin pro familia Landesverband
Brandenburg e.V.. 

„Ohne die Schwangerschaftsberatungsstellen gäbe es für Familien beispielsweise auch keine Anlaufstellen mehr, um Gelder der Landesstiftung ‚Hilfe für Familien in Not‘ zu beantragen. Hier wurden in 2024 mehrere tausend Anträge
eingereicht und insgesamt 3,5 Mio. Euro an Brandenburger Familien ausgegeben. Außerdem stehen den Brandenburger Familien jährlich 3 Mio. Euro der Bundesstiftung ‚Mutter und Kind‘ zur Verfügung, deren Antragstellung ausschließlich über anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen möglich ist. Jeder Euro, der nicht beantragt wird, geht an die Bundesstiftung zurück. Die Abgeordneten und die Landesregierung sollten
ein dringendes Interesse haben, diese finanziellen Mittel den bedürftigen Frauen zukommen zu lassen. Dies funktioniert jedoch nur mit wohnortnahen Beratungsstellen.“

Häufig genutzte Anlaufstellen

Die Brandenburger Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen erfüllen vielfältige Aufgaben, doch die derzeitige Finanzierung ist für die Beratungsstellen seit Jahren nicht ausreichend. Die Personalkosten basieren auf einem Tarifvertrag von 2022 und vernachlässigen seither tarifliche Fortschreibungen. Die
tarifliche Eingruppierung der Berater*innen ist zu gering, was der komplexen Aufgabe nicht gerecht wird und die Suche nach Fachkräften erheblich erschwert. Darüber hinaus sind die Träger der Beratungsstellen mit steigenden Sachkosten konfrontiert. Die Festbetragsförderung bildet weder die Inflationsrate, noch weitere Erfordernisse
wie z.B. Digitalisierungsmaßnahmen ab. Dabei wird das Angebot von Brandenburgerinnen und Brandenburgern häufig genutzt, wie in einer Kleinen Anfrage der CDU nachzulesen ist.

Alleine in 2023 wendeten sich rund 19.000 Ratsuchende an Brandenburger
Beratungsstellen. Diese werden im Land Brandenburg vorwiegend durch freie
gemeinnützige Träger der Wohlfahrtspflege und unterschiedlicher weltanschaulicher
Ausrichtung erbracht.

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