Diversitätssensible Sprache – was bedeutet das?
Diversität bedeutet Vielfalt und beschreibt, dass Menschen Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben.
Die Diversität, also Vielfalt von Menschen, kann dabei an unterschiedlichen Merkmalen, Eigenschaften und Einstellungen festgemacht und beschrieben werden. Gesellschaftlich werden Unterscheidungen zwischen Menschen häufig anhand ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer sozialen Herkunft, ihrer geschlechtlichen Identität, ihrer sexuellen Orientierung, anhand von Behinderungen, Alter oder Religion gemacht.
Diese Unterscheidungen sind selten bis nie neutral und wertfrei, sondern mit Vor- oder Nachteilen, mit Privilegien oder Diskriminierung, mit Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit in der Gesellschaft verbunden. Wie ein Mensch wahrgenommen und häufig auch behandelt wird, hängt viel damit zusammen, welcher Gruppe diese Person zugeordnet oder mit welchem Merkmal diese Person beschrieben wird.
Diversitätssensible Sprache denkt diese gesellschaftliche Realität mit. Ziel von diversitätssensibler Sprache ist es, allen Menschen gegenüber respektvoll und offen zu kommunizieren. Diversitätssensible Sprache achtet darauf, niemanden auszuschließen oder abzuwerten und Menschen direkt anzusprechen statt sie nur mitzumeinen.
Diversitätssensible Sprache ist somit das ideale Werkzeug für das Rote Kreuz. Sie ermöglicht es uns, auch in unserer Sprache eine Bewegung zu sein, die für alle Menschen ohne Unterschied da ist.
Argumente für die Nutzung diversitätssensibler Sprache
Mit Blick auf die Rotkreuzgrundsätze
Die Rotkreuzgrundsätze sind die Basis unseres Handelns. Mit der Einführung und Nutzung diversitätssensibler Sprache im Verband entsprechen wir diesen Grundsätzen, wie die Originaltexte zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Unparteilichkeit zeigen:
Menschlichkeit: „Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, entstanden aus dem Willen, den Verwundeten der Schlachtfelder unterschiedslos Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen Völkern.“
Unparteilichkeit: „Die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung unterscheidet nicht nach Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Sie ist einzig bemüht, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen den Vorrang zu geben.“
Die Achtung der Würde des Menschen sowie keine Unterscheidung nach Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung zu treffen sind für die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung handlungsweisend. Mit der Nutzung von diversitätssensibler Sprache entsprechen wir diesem Anspruch unserer Grundsätze.
Mit Blick auf die DRK-Strategie 2030
Die Nutzung diversitätssensibler Sprache wirkt auch direkt auf das Erreichen der vom DRK-Generalsekretariat in der DRK-Strategie 2030 formulierten Ziele der Organisationsentwicklung ein.
Ziel 3 besagt: „Wir bilden eine vielfältige und offene Gemeinschaft, begegnen uns auf Augenhöhe und wirken in Kooperationen und Netzwerken.“
Noch deutlicher wird der Aufruf zu Sensibilität im Umgang und Miteinander in den ersten beiden Unterzielen: (1) „Im DRK sind Zusammenarbeit, Miteinander und Leitung von Transparenz, Wertschätzung und vorurteilsfreier Begegnung geprägt.“ (2) „Das DRK spiegelt die Vielfalt der Gesellschaft wider.“
Sensibilität für Diversität in der Sprache ist für das Erreichen dieser Ziele unumgänglich. Nur eine Organisation, die bereits in der Sprache wertschätzend und vorurteilsfrei agiert, kann dies auch in ihrem Handeln darüber hinaus sein.
Mit Blick auf wissenschaftliche Studien
Die Notwendigkeit für einen diversitätssensiblen Sprachgebrauch im DRK-Landesverband ergibt sich auch aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, vor allem aus der Sprachwissenschaft und verwandten Disziplinen. Untersuchungen unter anderem aus der Psycholinguistik, Sprachphilosophie, Psychologie oder aus den Kommunikationswissenschaften deuten schon lange daraufhin, dass Sprache unser Denken und unsere Wahrnehmung prägt und in der Folge auch soziale Wirklichkeit formt. Dies kann gravierende Folgen für die Wahrnehmung verschiedener Personengruppen haben und diese – wenn auch unbewusst – ausschließen oder stigmatisieren.
In der deutschen Sprache kommen beispielsweise weibliche Sprachformen bei der Beschreibung von Personengruppen deutlich weniger häufig vor als männliche Sprachformen. Dass dies Auswirkungen auf die Wahrnehmung der sozialen Wirklichkeit hat, zeigt eine vielzitierte Studie der Freien Universität Berlin aus dem Jahr 2015 mit rund 600 Schulkindern aus belgischen und deutschen Schulklassen: Demnach trauten sich Mädchen eher zu, stereotyp männliche Berufe zu ergreifen, wenn diese geschlechtergerecht präsentiert wurden (z.B. „Ingenieurinnen und Ingenieure“) als wenn nur die männliche Bezeichnung („Ingenieure“) genannt wurde.1
Mit Blick auf Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising
Für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising innerhalb des DRK in Brandenburg ist die Verwendung von diversitätssensibler Sprache besonders wichtig: In diesen Bereichen geht es schließlich in besonderem Maße darum, möglichst viele Menschen für die Angebote, die Arbeit und das Ehrenamt beim Roten Kreuz zu begeistern.
Mit diversitätssensiblen Ansprachen und Formulierungen in unseren Publikationen erreichen wir auch Personengruppen, die sich ohne diese sprachliche Sensibilität unter Umständen nicht angesprochen oder gar diskriminiert fühlen.
1 Mehr Details zu der Studie finden Sie online unter: www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2015/fup_15_223-einfluss-geschlechtergerechte-sprache/index.html, abgerufen am 14.03.2023.Einen umfassenden Artikel mit Verweisen auf die genannte sowie zahlreiche ähnliche Studien gibt es hier: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-gendern-bringt-und-was-nicht/ , abgerufen am 14.03.2023..